Sonntag, 29. Mai 2011

„Heidnische Opferstätte“ bei Loiwein.

--------------------------------------------------------
       Für Mobiltelephone:  
Zugang zur                          Zugang zum
 Übersicht  über die                alphabethischen   
            Hauptthemen                 Stichwort-Verzeichnis           
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
 
Die heidnische Opferstätte bei Loiwein

Der Ort Loiwein     und    eine Hinweistafel bei den Steinen

Aus Augustin Meisinger,
 Naturdenkmale Niederösterreichs, 2. Auflage, 1959, Verlag d n. ö. Landesregierung, Seite 84 ff:

     Rechts neben dem Weg findet man zuerst zwei freiliegende und einige Meter davon entfernt weitere große Gneisblöcke. Von dieser Gruppe ist die erste Felsplatte 2 m breit und 5 m lang und dürfte ein Bruchstück der größeren 7 m langen und 5 m breiten Platte sein. Die kleine Platte zeigt drei offensichtlich künstlich eingemeißelte Ringe mit Durchmessern von 70 bis 95 cm. Auf der großen Platte kann man fünf ganze Ringe und zwei Teilstücke von Ringen ausnehmen. Unterhalb (hangabwärts) der Platte liegen noch zwei kleine Bruchstücke, von denen eines 2 m lang und 1,5 m breit (zwei Ringe) und das kleinere Stück 1 m lang und ebenso breit ist (Teilstück eines Ringes). Die große Felsplatte liegt hohl auf, an den Bruchrändern ist genau zu ersehen, daß die herumliegenden Bruchstücke Teile der großen Platte sind.

Offenbar wurden hier Mühlsteine gebrochen.
Auswaschungen beim rechten Bild
     Etwa 15 m hangabwärts dieser Plattengruppe, etwas weiter rechts, ist ein Bruchstück von 5,5 m Länge und 4 m Breite zu sehen, das fünf komplette Ringe mit Durchmessern von 75 bis 85 cm aufweist. Durch die schräge Lage dieses Bruchstückes sind die unteren Ränder der Ringe infolge der Wassereinwirkung wannenartig ausgewaschen.

Links sind die Auswitterungen gut zu sehen
Daran ist zu ersehen, daß die Blöcke sich ungefähr 1000 bis 1500 Jahre in der heutigen Schräglage befinden dürften.
     Unmittelbar rechts von dem Bruchstück befindet sich noch ein Gneisblock mit ungefähr 4 m Durchmesser, der keine Ringe aufweist. Ebenso liegt etwa 50 m unterhalb ein lang-gezogener , weckenförmiger Block von 8 m Länge, ohne Ringe. Hingegen zeigt eine unmittelbar unterhalb liegende kleine Felsplatte mit 4x4 m Durchmesser vier schwach erkennbare Ringe.
Die Ringe gehen oft ineinander über
     Insgesamt sind 22 Ringe erkennbar. Ihre Anordnung auf den einzelnen Steinen ist verschieden. Sie bilden teilweise einen großen Kreis und sind manchmal knapp aneinandergereiht, so daß sie die Form von Achtern annehmen. Es sei darauf hingewiesen, daß die Ringe nicht auf natürliche Weise entstanden sein können. Es sind keine Wannen oder Schalen, wie sie im Granit des Waldviertels wiederholt zu finden sind. Außerdem kann man aus der Lage der Blöcke und der sonstigen Umgebung zu dem Schluß kommen, daß eine heute noch bestehende (gewachsene) Felsrippe früher bis zur Anhöhe gereicht haben könnte. Auf der Anhöhe lagen die heute abgestürzten Felsblöcke übereinandergetürmt und sind durch irgend ein Naturereignis ins Wanken gekommen und abgerutscht. Dies müßte eine monumentale Steingruppe abgegeben haben und hätte sich sicherlich zu einer „Opferstätte" sehr gut geeignet.
(Graue Einfügungen und Photos von mir beigefügt).
______________________________________

        Mühlstein anderer Herkunft              So ähnlich könnten die übereinandergetürmten
                                                                                    Platten vor dem Abrutschen ausgesehen haben.
    Die Gneissteine bei Loiwein sind seit 11. Jänner 1957 geschützt. (Augustin Meisinger, Naturdenkmale Niederösterreichs, 2. Auflage, 1959, Verlag d n. ö. Landesregierung, Seite 84 ff.) Der Verfasser schätzt die Zeit, die zur Bildung wannenartiger Verwitterung an den unteren Hohlkanten nötig war auf tausend bis tausendfünfhundert Jahre. Ob man da die Luftverschmutzung berücksichtigen muß?
     Die geomantischen Signale  sind angeblich oberhalb der Steine am stärksten. Es könnte dort ein imposanter Felsen gewesen sein, falls die einzelnen Platten ursprünglich aufeinandergetürmt gewesen und erst durch ein Naturereignis abgerutscht wären. (Vielleicht auch durch die Begehrlichkeit der Müller oder durch Christianisierung.)


     Die Geologen sprechen von einer Basaltart, „Granatamphibolit“, die aus grünen Nadeln von Amphibol, dem weißen Feldspat Plagioklas und roten runden Körnern von Granat bestehen. Amphibolite waren im Alt- und Mittelneolithikum Grundstoff für verschiedene Steinwerkzeuge.
Das Gebiet um Lichtenau ist seit der Jungsteinzeit nachweislich besiedelt. Der Volksmund erzählt auch von abgekommenen Siedlungen in der Nähe der Steine.
    Loiwein ist nach dem slawischen Gutsbesitzer Ljuban benannt. Aber es hieß 1260 Leuwan und könnte ein Lee-Ort sein. Vielleicht hat sich auch der Gutsbesitzer nach dem Ort benannt?
(Ein gutes Beispiel sprachwissenschaftlicher Forschung,   
und eine witzige Bemerkung zur Flurnamenforschung aus einem Diskussionsforum:
   Der Wissenschaft ist jede Etymologie letztlich dunkel, weil ja immer für die erste Bedeutung jeder Schriftbeweis fehlen MUSS. Andersherum: die Schriftgelehrten können nicht bis zum tiefsten Sinn der Worte vordringen, weil am Anfang keine Schriftquellen, sondern bloße Laute und Bilder ohne Beschreibung stehen. Etwa so: das Baby sagt "aa". Jeder Ungebildete versteht sofort, was gemeint ist, der Schriftgelehrte erst, wenn die Windel voll ist. 18.07.07 HBr).


     Die Opferstätte liegt nördlich des Wolfgangsteines bei Wolfstein, des Kollmitz-Hügels in der Wachau und südlich des Obergrünbacher Kreuzsteines und des noch nördlicheren Klumetzberges - auch nahe der Linie Externsteine-Großer Bodenberg.


Zwischen Wolfgangstein und dem Kreuzstein bei Obergrünbach
liegt die "Opferstätte" bei Loiwein

Noch ein Bild
Chronik von Taubitz (Nachbarort im Südwesten von Loiwein (1959) )
 
 






5 Kommentare:

  1. hatte die Gelegeneheit mir die "heidnischen Opferstätte" von Loiwein anzusehen und es spricht selbst ohne weitergehenede Untersuchung alles für eine alte Mühsteingewinnungsstelle. Die Mühlsteingewinnung wurde wohl einfach an den abgerutscheten Felsen vorgenommen und es wurde von mehreren Personen an mehreren Mühlsteinen gearbeitet. Interessant ist, dass die Arbeit plötzlich eingestellt wurde, obwohl ein Mühlstein schon fast fertig zum herausbrechen war.
    Ich sehen überhaupt keinen Anlass für eine Opferstätte. Diese Fakten umzudeuten, nur weil in Nähe ein geomantisch interessanten Ort gemutet wurde ist nicht seriös.

    MfG
    Wassermann

    AntwortenLöschen
  2. Liebe Frau/Herr Wassermann!
    Vor allem danke ich für die Meldung! Die Möglichkeit wird leider zu wenig genützt. So kann eine Diskussion kaum zustande kommen, was aber sehr notwendig wäre, da die Suche nach alten Relikten äußerst schwierig ist. Seit Jahren bemühe ich mich, auffallende Fakten zu sammeln und daraus ein sinnvolles Mosaik werden zu lassen. Für eine einzelne Person ist das sicher nicht zu schaffen. Deshalb der Blog.
    Der Schwierigkeiten bin ich mir bewußt und stelle diese in „Ziel“ und „Methode“ dar.

    Nun zu der heidnischen Opferstätte. Auch ich hatte den Eindruck, daß die Vertiefungen bei der Gewinnung von Mühlsteinen entstanden waren. - Was legt es nahe, daß mehrere Arbeiter am Werk waren?
    Die Stelle war als Opferstätte bekannt und mein Augenmerk fiel auf sie, weil sie auf einer Nord-Süd – Linie liegt. Ich fand nämlich bisher mehrere Nord-Süd – Linien, die Orte gleichen Namens verbinden (Unter http://grosskreislinien-orthodrome.blogspot.com/ Nord-Süd – Linien). Deshalb glaube ich, daß sie nicht auf Zufällen beruhen und einmal Bedeutung hatten. Linien, die nicht namensgleiche Orte verbinden sind natürlich als noch unsicherer zu betrachten.

    Aus diesen, obenangeführten Gründen sehe ich meinen Beitrag nicht als unseriös an.

    Nochmals Dank für Ihre Mühe.
    Mit vielen Grüßen,
    Ernst

    AntwortenLöschen
  3. Lieber Herr Ernst,

    habe mir Ihre bemerkenswerte und sorgfältig dokumentierten Arbeiten zur Landschaftsgeometrie im Überblick durchgesehen. Ich verstehe in diesem Zusammenhang zwar Ihre Schlussfolgerung, jedoch erlauben Sie mir die Bemerkung, es sollen zwei unterschiedliche Beobachtungen (bearbeitete Steine und eine geomantische? Linie, welche indiziert wird durch Ortsnamen und weiteren Hinweisen, wie Kultstätten etc.) nicht "verheiratet" werden, solange nicht Eindeutigkeit der Zusammengehörigkeit gegeben ist. Es ist ja nicht von Interesse, wenn der „Wunsch der Vater des Gedankens“ wird, dass die Seriosität Ihrer harten Detailarbeit in Mitleidenschaft gezogen wird. Mir ist sehr wohl bewusst, dass es mit den "vergessenen Spuren" meist eine wage Indizienverkettung bleibt.

    Betreffend der heidnischen Opferstätte „sehe“ ich die Mühlsteingewinnung, welche von der Position bzw. durch Ortsnamen u.dgl. sich im Umfeld eines noch nicht weiter bestätigten „Ortes von Interesse“ befindet (solange man nicht weitere Hinweise vor Ort findet). Es wäre ja auch möglich, dass auf diese etwas abgerutschten Blöcke ursprünglich Spuren einer Opferstätte waren, welche durch die Mühlsteingewinnung zerstört oder unkenntlich wurden (um nur eine, von vielen Möglichkeiten zu nennen).

    Eventuell könnte man bei Ihren Skizzen zur Landschaftsgeometrie jene Linien, welche aus Ihrer derzeitiger Sicht durch Richtung und Maß einen „klarer landschaftsgeometrischer“ Beleg darstellen, von jenen, welche irgendwie auch noch Interessant erscheinen, in der Darstellung z.B. durch eine strichlierte Linie unterscheidbar mache. Ich kann selbst nicht beurteilen, ob das überhaupt möglich ist. Im bemerkenswerten Pentagramm um Auberg wären dann die beiden Linien zum noch nicht bestätigten Ort im Süden, mit der ohnehin klaren Bezeichnung „???“ strichliert. Bei den Ortsnamen haben Sie, wo es möglich war eine gut erkennbare visuelle Unterscheidung gewählt.

    In Anerkennung Ihrer beachtlichen Arbeit
    Wolfgang Wassermann

    AntwortenLöschen
  4. Danke für das Interesse und die Anregungen!

    Klare Belege zu erarbeiten, ist mir bisher nur bei den Bodenbergen halbwegs gelungen. Alle anderen merkwürdigen Verbindungen müssen noch graue Theorie bleiben.

    Außer der „Opferstätte“ bei Loiwein kenne ich noch den Heiligen Stein bei Mitterretzbach. Dort liegt ein Schalenstein, der Vertiefungen mit einem Durchmesser von, ich schätze aus der Erinnerung, etwa 15 cm aufweist. Sie sollen vermutlich auf fluviale Auswaschungen zurückzuführen sein. Merkwürdig erscheinen mir die teils zylindrisch wirkenden Wände der Schalen. Es entstand dort sogar eine Wallfahrtskapelle. Außer diesem Stein gibt es noch eine Zeile mit geheimnisvollen Steinkugeln (Sühnekreuz-Link, Bild rechts oben im Hintergrund).
    http://www.suehnekreuz.de/oesterreich/nieder/mitterretzbach.htm
    http://www.weinviertel.net/showthread.php?875-Heiliger-Stein-bei-Mitterretzbach
    http://de.wikipedia.org/wiki/Heiliger_Stein_(Mitterretzbach)

    Viele Grüße,
    Ernst

    AntwortenLöschen
  5. Sehr interessant die Information über Mitterretzbach!

    Auch ich würde die "Schalen" als kleine Kolke interpretieren, die zylindrischen Wände sehe ich als eine nicht seltene fluviatile Kolk-Erosionsform.

    Allein das 12 (oder mehr) kleine Kolke auf knappe 2m2 vorhanden sind, hat sicher das Interesse für Jahrtausende "gebunden". Die Steinkugeln sind wirklich bemerkenswert und bestätigen den anzunhemenden kultischen Status.

    MfG
    Wassermann

    AntwortenLöschen